WAS GEHT II

WAS KÖNNEN WIR,

WAS NUR WIR KÖNNEN?

28. – 30. März 2012 im Deutschen Theater Berlin

WAS GEHT II

WAS GEHT. ist ein Symposium des Arbeitskreises Theaterpädagogik der Berliner Bühnen und des Instituts für Theaterpädagogik der Universität der Künste Berlin.

WAS GEHT. ist eine Untersuchung der Theaterpädagogik als Schnittstelle zwischen Publikum und Institution, zwischen Kunst und Vermittlung, zwischen Anspruch und Wirkung.

WAS GEHT. ist ein Kongress zu den besonderen Kompetenzen, Aufgaben und Arbeitsweisen von Theaterpädagogen an Theatern veranstaltet vom Arbeitskreis Theaterpädagogik der Berliner Bühnen und dem Institut für Theaterpädagogik, Universität der Künste Berlin in Kooperation mit der Dramaturgischen Gesellschaft gefördert aus Mitteln des Deutschen Bühnenvereins.

WAS GEHT. richtet sich an Theaterpädagog_innen, die am Theater tätig sind und interessierte Kolleg_innen sowie an Studierende und Lehrende der Theaterpädagogik. Über 100 Vertreterinnen und Vertreter der Theaterpädagogik an Theatern im deutschsprachigen Raum trafen sich bei „Was geht II“. Gemeinsam erarbeiteten sie eine Beschreibung und Positionierung ihres Berufsfeldes.

Download Flyer, 2,9MB (PDF)

 

Veranstaltet von:

In Kooperation mit:

 

Können – Wollen – Brauchen

Statements zu den besonderen Kompetenzen, Zielen und Bedürfnissen von Theaterpädagogik an Theatern

I WIR KÖNNEN (Kompetenzen)

Die angeführten Teilkompetenzen haben viele, aber die Vielfalt an Kompetenzen ist das Besondere unseres Berufs.

Kompetenzen nach außen

  • Wir können schnell verschiedene Rollen situationsadäquat und aufgabenspezifisch einnehmen, sie engagiert vertreten und gleichzeitig reflektieren (Rollendistanz, Innen- und Außenblick)
  • Wir können durch Perspektivenwechsel eine produktive Distanz einnehmen (Perspektive des Zuschauers, Künstlers, Lehrers, Teilnehmers, der Institutionetc. Das ist etwas anderes als ‚Rolle‘: Wir nehmen z.B. den Zuschauerblick ein, um unsere Rolle als Vermittler erfüllen zu können.)

WAS

  • Wir können künstlerische Entscheidungen nachvollziehbar machen(z.B. in den Formaten der Spielplanvermittlung).
  • Wir können professionelles Theater mit nichtprofessionellen Akteuren machen.

WIE

  • Wir schaffen einen geschützten Spiel-, Denk- und Erfahrungsraum, in dem sich Ensembles auf Zeit bilden können.
  • Wir können das Gefühl „Ich bin gemeint“ in unserem Gegenüber erzeugen, indem wir empathisch auf Menschen und Gruppen zugehen und auf sie eingehen.
  • Wir können neue Formate, Themen und Konzepte zum einen langfristig entwickeln, zum anderen auch spontan und kurzfristig erfinden sowie rasch umsetzen.
  • Wir sind mobile Einheiten mit schnellen Reaktionszeiten und können flexibel auf die jeweilige Situation und Gruppe reagieren.
  • Wir können Themen (unterschiedlicher Zielgruppen) aufspüren.
  • Wir können ästhetische und partizipative Prozesse in unterschiedlichen und unterschiedlich motivierten(Ziel-)Gruppen initiieren und moderieren.
  • Wir können Vertrauen erzeugen, indem wir glaubwürdig sind.
  • Wir können Widerstände und Störungen produktiv machen.
  • Wir können interdisziplinär denken und arbeiten.
  • Unsere Produktionen zeichnen sich ästhetisch durch die Enthierarchisierung der Theatermittel aus.

Kompetenzen nach innen:

  • Wir können intern kommunizieren und vermitteln, weil wir den Theaterbetrieb mit seinen verschiedenen Bereichen kennen und verstehen und auch hier die Perspektiven wechseln können.
  • Wir können beraten, z.B. in der Spielplangestaltung.
  • Wir können die Fragen, Ansichten und Themen junger Menschen kommunizieren.

II WIR WOLLEN (Ziele & Motive)

  • Nicht (nur) die Theaterzuschauer von morgen kulturell bilden (‚beschaffen‘),sondern die von heute in Kontakt mit der Kunstform Theater und mit Künstlern bringen.
  • Einen geschützten Spiel-, Denk- und Erfahrungsraum schaffen, in dem sich Ensembles auf Zeit bilden können.
  • Eine künstlerisch orientierte Theaterpädagogik. Es geht neben der Vermittlung von Inhalten und Wissen, vor allem darum, künstlerisches Wissen gemeinsam zu generieren und darzustellen.
  • Theaterpädagogik mit eigenem künstlerischem Profil in Abstimmung mit dem Profil des Hauses.

III WIR BRAUCHEN (Bedürfnisse & Rahmenbedingungen)

  • Ein Wollen und Können des Hauses!
  • Hohe Ansprüche an unsere Arbeit und die strukturelle und ideelle Unterstützung des ganzen Hauses, diesen gerecht zu werden.
    • Theaterpädagogik braucht Raum.
    • Theaterpädagogik braucht Zeit.
    • Theaterpädagogik braucht Personal.
    • Theaterpädagogik braucht Geld.
    • Theaterpädagogik hat besondere Produktionsbedingungen.
  • Die Durchsetzung des Profils und Arbeitsfeldes des/der Theaterpädagogen/in in den künstlerischen Leitungen und Intendanzen in all seiner Breite: Wir arbeiten inhaltlich, künstlerisch, ästhetisch an der Schnittstelle Vermittlung zwischen Kunstproduktion und Zuschauerrezeption. Unsere Aufgabe besteht nicht in der Zuschauerbeschaffung. Dort, wo die Theaterpädagogen immer noch in der Öffentlichkeitsarbeit oder der Verwaltung angesiedelt sind, ist etwas faul. Dann geschieht ein Missbrauch, indem kulturelle Bildung gegenüber politischen Gremien als Arbeitsfeld, für das Gelder einzustellen sind, behauptet wird, sie aber im eigenen Theater nicht durch konkrete Programme und ausgestattet mit eigenem Etat realisiert wird.
  • Konkrete Programme und Formate, in denen sich kulturelle Bildung formuliert. Sie darf an den Theatern nicht abhängig sein von der persönlichen Entscheidung von Intendanten und Geschäftsführern.
  • Künstlerische Autonomie und einen eigenen Etat für theaterpädagogische Programme.
  • Inhaltliche, künstlerische, qualitative Bewertung unserer Arbeit. Unsere Arbeit lässt sich nicht quantitativ bemessen und bewerten, sie spiegelt sich nicht wider in der Anzahlstattgefundener Veranstaltungen. Es darf nicht darum gehen, Workshops, Publikumsgespräche, Theaterclubproben, Projektarbeiten und die Anzahl der daran Beteiligten zu summieren und diese Zahl Xsich selbst und der Politik als erfolgreiche kulturelle Bildung zu verkaufen.
  • Mitsprache an der Konzeption und Evaluation von theaterpädagogischen Programmen. Sie sollte grundsätzlich aus der Perspektive der teilnehmenden Beobachter und der reflektierten Praktiker erfolgen.Die Trennung zwischen denen, die agieren und denen, die Programme und Formate (Kulturforscher, Kulturagenten, TUKI etc.) konzipieren und die kulturelle Bildungsarbeit der Institutionen evaluieren (Birnkraut& Partner beauftragt durch die Berliner Senatsverwaltung),ist unverständlich und nicht sinnvoll.
  • Kenntnis und Wissen über unsere Arbeitsweise in den künstlerischen Leitungen und Intendanzen, die genuin darin besteht, demokratisch und diversifizierend zu sein. Indem wir prinzipiell ALLE beteiligen, praktizieren wir Partizipation und Teilhabe bereits in der Ansprache und im Produktionsprozess.
  • Die Kulturpolitik als Interessenvertreter unserer Arbeit gegenüber der Bildungspolitik. Wenn in unserer Gesellschaft Kultur und künstlerische Praxis als grundsätzliche Verkehrs- und Kommunikationsformen für eine demokratische Gesellschaft verstanden wird und sich als Grundauffassung demokratischen Handelns sieht, verstehen wir nicht, warum die Basis von Kunst- und Kulturvermittlung in den Schulen mehr und mehr eingeschränkt wird, Musik- und Kunstunterricht quantitativ reduziert und damit qualitativ herabgesetzt werden. Die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an Kunst und Kultur darf nicht abhängig gemacht werden von individuellen Entscheidungen der Lehrer oder Schulleiter.
  • Eine Vernetzung von Theaterpädagogik am Theater, Schulen und freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe und den Austausch über Arbeitsweisen, Formen und Ziele.
  • Eine Ausbildung von Lehrern, Sozialarbeitern und Künstlern (Regie, Schauspiel, Dramaturgie etc.), in der Theaterpädagogik in ihrem Grundverständnis, ihren Ansätzen und Möglichkeiten behandelt wird und die Verständigung über einen erweiterten Theater- und Bildungsbegriff.Eine Ausbildung von Theaterpädagogen, in der inhaltliche und strukturelle Aspekte von Schule behandelt werden.
  • Lobbyarbeit und Interessenvertreter, die für uns sprechen, die uns stärken und am Eigentlichen arbeiten lassen: an der Schnittstelle zwischen Kunst und Publikum mit diversen traditionellen, zeitgenössischen und noch zu erfindenden Formen und Formaten.
  • Was Geht III (regional, überregional, international), d.h. wir brauchen neben dem umfassenden Praxiswissen, das wir besitzen, mehr Austausch, Analyse, (Selbst)Reflexion, professionelle Kritik (gerne auch Presse!), Diskurs, wissenschaftliche Analyse und Evaluation, Plattformen, Netzwerke, interdisziplinäre und internationale Begegnungen, Dokumentation.

Der Arbeitsalltag an den Theatern zeigt, dass zu wenig Intendanten die Praxis und Formate der Theaterpädagogik kennen und/oder angemessen wertschätzen.

Wir brauchen ganz konkret und zeitnah den Raum für eine Darstellung unserer Kompetenzen, Arbeitsweisen und unserer Bedürfnisse bei den Intendanten. Wir brauchen den Deutschen Bühnenverein als Türöffner, Vermittler und Dialogpartner.

Philipp Harpain (GRIPS Theater), Birgit Lengers (Junges DT), Karola Marsch (THEATER AN DER PARKAUE), Janka Panskus (Maxim Gorki Theater) - für den Arbeitskreis Theaterpädagogik der Berliner Bühnen und Prof. Dr. Ute Pinkert (Universität der Künste Berlin)